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Wild Honey Bees in the Amazon – 2/2

January, 2019 · By Paititi Lab

Raising cattle has been a tradition among small-scale farmers in Amazonia. Though cows are susceptive to diseases and injuries, they still represent the equivalent of a bank account to the average farmer. However, through domestic raise of Melipona bees, some have found a more stable and valuable source of income. The bees also encouraged them to shift their mode of production from mono-culture to agroforestry.

This story was researched with kind support of the Non-Timber Forest Products Foundation
Full Post in German
Wildbienen im Amazonas (Teil 2/2)

Von der Rinderhaltung zum Honig

Nach zwei Stunden Fahrt erreicht das Boot den ersten Bauernhof. Hier hat Seu Messias mit seiner Familie so etwas wie ein Paradies angelegt. «Seit ich Wildbienenhonig produziere, habe ich aufgehört mit der Rinderhaltung», erklärt er. Doch was sich in einem Nebensatz sagt, bedeutet einen grossen Schritt. Für Kleinbauern im Amazonas sind Kühe ihr Bankkonto. Dies obwohl Rinder aufwändig und anfällig auf Krankheiten und Verletzungen sind. «Insgesamt kein lohnendes Geschäft», meint Laray. Dennoch hat die Rinderhaltung gerade auch bei den Familien, die im letzten Jahrhundert aus dem Nordosten Brasiliens eingewandert sind, eine lange Tradition. Die Wildbienen andererseits haben ihren Platz in der amazonischen Geschichte und bei den Indigenen vor Ort. Der Wechsel zum Wildbienenhonig bedeutet denn auch so was wie ein Wechsel zu einer anderen Beziehung zum Regenwald und eine Anpassung an das lokale Wissen.

Seu Messias zeigt uns die Umgebung seines Hauses, wo sich gut 250 Bienenhäuschen befinden. Rundherum wachsen Kakao, Mango, Guava, Papaya, Urucu, etc. die Vielfalt nimmt kein Ende. «Mein Einkommen wird durch den Honig gesichert und durch die Bienen wachsen meine Nutzpflanzen jedes Jahr besser» erklärt er. «Das einzige Problem ist der Absatz an die Zwischenhändler».

In Brasilien besteht grosse Nachfrage nach Wildbienenhonig aus dem Amazonas. Das Problem liegt bei den Produzenten, die den Markt beliefern. Hier bei den Riberinhos, den Fluss-Anwohnern am Urubu, hatte die Honigproduktion bis vor wenigen Jahren eine grosse Bedeutung. Doch meistens vergingen bis zu neun Monate vom Zeitpunkt der Lieferung des Honigs bis zur eigentlich Zahlung durch die Zwischenhändler. Der Preis, welche die Bauern für ihr Produkt erhielten, betrug zudem knapp ein Drittel des Marktüblichen. «Kein Wunder, dass Viele damit aufhörten», stellt Seu Messias fest.

 

Die Casa do Mel und ihre Königin

Zur Förderung des Absatzes, hat die NTFP-Stiftung beschlossen, in der Region eine Casa do Mel, ein Haus des Honigs, aufzubauen. Ihr Ziel ist es ein stabiles Netz von Produzenten aufzubauen, welche die Casa regelmässig beliefern und sofort und transparent dafür bezahlt werden. Mit solchen Partnerschaften können umgekehrt auch verlässliche Handelsbeziehungen nach aussen, in die grossen Städte Brasiliens und ins Ausland geknüpft werden. «Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Gourmet-Szene in Europa bald Interesse daran findet», lacht Bratschi. «Vorerst weiss nur ich weshalb ich im Winter nie krank werde», meint er und gibt Honig in seinen Tee.

Die Produktion von Wildbienen-Honig setzt eine Spirale von positiven Effekten in Gange.

«Als wir mit dem Pilotprojekt begonnen haben, war das Ganze als eine Art Hilfsprojekt aufgegleist» erzählt Dieter Bratschi. «Mittlerweile ist unser Verhältnis zu den Produzenten eher partnerschaftlich. Sie brauchen unsere Hilfe kaum mehr. Doch damit der Wildbienenhonig  ein gutes Geschäft wird, muss nun der Absatz organisiert werden». Während die NTFP-Stiftung nach wie vor die philanthropische Teil wie Ausbildung und Züchtung übernimmt, wurde für das Geschäftliche ein Genossenschaftlicher Betrieb gegründet.

Am Rio Urubu, wo nächstes Jahr eine weitere Casa do Mel aufgebaut wird, kommen zusätzliche Partner zum Zug. Verschiedene lokale Schreiner haben bereits zugesagt, die Holzkisten für die ersten Bienenwaben im Tausch für ein Kilo Honig herzustellen. «Hier im Amazonas haben wir schon so viele Initiativen gesehen. Die Leute sind ein bisschen vorsichtig geworden. Deshalb ist die Einbindung des Bienenprojekts in die Gesellschaft und regelmässiger Kontakt sehr wichtig.», sagt Laray, welcher unermüdlich zwischen den beiden Projektorten hin- und her reist.

Schliesslich spürt man, dass der Wildbienenhonig den Initiatoren mehr bedeutet als ein Auskommen. Am späteren Nachmittag sitzen wir bei Dona Ana vor dem Haus. Sie erzählt von der Festa do Mel und wie früher die Journalisten von weit hergekommen seien, um darüber zu berichten. Dies war bevor der Zwischenhandel eingebrochen war. Schliesslich wird das Honigfest aber noch immer gefeiert. «Wir haben sogar eine Rainha do Mel – die Miss Honig», meint sie und deutet verschmitzt auf die Schleifen an ihrer Wohnzimmerwand. «Die hat alle meine Tochter gewonnen», lächelt sie. «Wer wird es wohl dieses Jahr?» Sicherlich wird Miss Honig die Partnerschaft mit der Natur, wie sie zwischen Mensch und Wildbienen entsteht, ebenfalls zu schätzen wissen.

von sonja.schenkel@paititi-lab.org

Wild Honey Bees in the Amazon 1/2

August, 2018 · By Paititi Lab

The Amazon holds innumerous myth around treasures of gold lost somewhere in its deep forest, while in fact honey from the Melipona bee could be one of them. Though finding it is not just about taking something away but it may well increase benefits for people and nature.
This story was researched with kind support of the Non-Timber Forest Products Foundation
– Full Post in German.
Wildbienen-Honig: Gold aus dem Amazonas – 1/2

Im Amazonas finden sich unzählige Mythen von Goldschätzen, die irgendwo tief im Wald verborgen liegen. Tatsächlich könnte der kostbare Wildbienenhonig der Melipona Biene, ein Teil dieses Schatzes sein. Nur: Wer ihn hebt, nimmt sich nicht einfach etwas, sondern vermehrt den Gewinn für Mensch und Natur.

Aus dem Wasser ragen nur noch die Baumkronen. Wir befinden uns am Ende der Regenzeit am Rio Urubu im brasilianischen Regenwald. Das Boot steuert durch grüne Gassen, vorbei an Urwaldriesen und aromatischen Blüten. Das Team der Schweizerischen Non-Timber Forest Products–Foundation (ntfpfoundation.org) befindet sich auf Erkundungsreise, um Honigproduzenten zu besuchen.

Use it or Loose it

«Nutze es oder verliere es» (Use it or loose it) ist das pragmatische Motto, das Dieter Bratschi und Jonilson Laray vertreten. Der eine Forstingenieur ETH aus der Schweiz, der andere Bienenspezialist im brasilianischen Amazonas. Sie beide haben sich gefunden, um das zu schützen, was ihnen lieb ist: den Wald, seine Bewohner und die Bienen.

Vor zirka zehn Jahren haben sie deshalb damit begonnen, den Selbstversorgern und Kleinbauern in einem entlegenen Gebiet zu zeigen, wie Wildbienen in einfachen Holzhäuschen angesiedelt werden können. Bienen fördern Biodiversität und Pflanzenreichtum. Die amazonischen Wildbienen produzieren zudem, im Gegensatz zu ihren nördlichen Artgenossen, einen aromatischen Honig, welcher seit Urzeiten als Heilmittel verwendet wird.

«Der Aufbau einer Wildbienen-Zucht ist sehr günstig und braucht nicht viel an Wissen», erklärt Jonilson Laray. Da Wildbienen keinen Stachel besitzen, können sie in der Nähe der Wohnhäuser aufgestellt werden. Von dort fliegen sie bis zu zwei Kilometer weit und bestäuben die Pflanzen in den umliegenden Wäldern und Gärten. Zirka alle vier Monate kann man die Völker teilen und eine neue Kolonie gründen. Wildbienen haben nämlich nebst der eigentlichen Königin noch «Ersatz-Königinnen», welche bei einer Teilung des Volkes rasch in der Lage sind die Tochterpopulation zu regieren.

Pro Bienenvolk können jährlich vier bis sechs Liter Honig geerntet werden. Der erzielte Verkaufspreis ist bis zu acht Mal höher als jener von üblichen Honigsorten. «Bei drei Häuschen, welche wir als Starter-Kit bei unserem Pilotprojekt angeboten haben, wurden je 150 US$ erwirtschaftet», rechnet Laray vor. Sobald ein Haushalt 12 Häuschen aufgebaut hat, gehen 3 zurück ans Projekt damit weitere Familien mit der Honigproduktion beginnen können. «Die Arbeit mit Wildbienen ist einfach und für alle zugänglich». Gerade auch ältere Menschen oder Frauen, welche noch für Kleinkinder sorgen, können damit in der Nähe ihrer Häuser ein kleines Geschäft aufbauen. Natürlich ist es hilfreich, wenn die ganze Gemeinschaft eine Aktivität mitträgt. Schliesslich muss der Honig auch in die nächst gelegene Stadt, zur Verfeinerung und zum Vertrieb gebracht werden. In Caicubi, der Ort des Pilotprojektes am Rio Negro, hat sich dies jedoch erübrigt: «Ein Reiseanbieter bringt seine amerikanischen Touristen hier vor Ort und die kaufen dann alles leer», fasst Bratschi den Verkaufserfolg zusammen. Doch damit nicht genug. Am Rio Urubu, wo ein zweites Projekt aufgebaut wird, verfolgt man grössere Ziele.

Weiterlesen in Teil 2: Von der Rinderhaltung zum Honig

von sonja.schenkel@paititi-lab.org